Der Fielmann Ratgeber:
Arteriitis temporalis – Entzündung der Schläfenarterie
Entzündungen der Arterien in der Augenregion gehen oft auf die Arteriitis temporalis zurück. Dabei handelt es sich um eine rheumatische Gefäßerkrankung, die auch als Riesenzellarteriitis oder Morbus Horton bezeichnet wird. Infolge der Erkrankung können Sehminderungen, Gesichtsfeldausfälle und verschwommenes Sehen die Folge sein – bleibt die Behandlung aus, kann es sogar zum Erblinden des betroffenen Auges kommen. Welche Ursachen die Arteriitis temporalis hat, welche Symptome im Verlauf auftreten und welche Behandlungsmethoden für die Riesenzellarteriitis zur Verfügung stehen, erfährst du in diesem Beitrag.
Artikel wurde von PD Dr. med. Catharina Busch geprüft.
Auf einen Blick
Die Arteriitis temporalis wird auch als Riesenzellarteriitis oder Morbus Horton bezeichnet.
Es handelt sich dabei um eine entzündlich-rheumatische Erkrankung in den blutzuführenden Arterien des Kopfes.
Oftmals sind auch die Augenarterien von der Arteriitis temporalis betroffen – infolgedessen kommt es zu Sehstörungen sowie Kopfschmerzen und Schmerzen beim Kauen.
Bei der Arteriitis temporalis handelt es sich um einen gesundheitlichen Notfall, der sofort augenärztlich untersucht werden sollte.
Nur bei rechtzeitiger Behandlung mit intravenös verabreichtem Kortison kann das Sehvermögen erhalten werden.
Inhalte
Was ist eine Arteriitis temporalis?
Die Arteriitis temporalis gilt als eine der häufigsten rheumatischen Gefäßerkrankungen.
In Deutschland tritt sie jährlich bei rund 3,5 Erwachsenen über 50 Jahren pro 100.000 Einwohner auf.
Sie verursacht eine entzündliche Erkrankung der Blutgefäße vornehmlich in den Arterien der Schläfenregion, unterschiedlich in ihrer Form und Ausprägung. Dabei zählt sie zu den sogenannten Autoimmunerkrankungen: Die fehlgesteuerte Reaktion des Immunsystems sorgt dafür, dass sich die Zellen des körpereigenen Abwehrsystems gegen die Blutgefäße richten und so die Entzündung auslösen. Durchblutungsstörungen, die vor allem die großen und mittelgroßen Arterien des Kopfes betreffen, sind die Folge.
Meist geht die Arteriitis temporalis, die auch als Riesenzellarteriitis (RZA) oder Morbus Horton bezeichnet wird, mit Sehbeschwerden und Kopfschmerzen einher. Bleibt die Arteriitis temporalis unbehandelt, kann es zu schweren Komplikationen bis hin zur Erblindung kommen. Es ist daher wichtig, die Erkrankung schnellstmöglich zu diagnostizieren und im Anschluss eine entsprechende Therapie einzuleiten.
Was sind die Symptome der Arteriitis temporalis?
Die Riesenzellarteriitis zeigt sich meist mit einem sehr erheblichen Sehverlust, der plötzlich auftritt und im Verlauf schlimmer wird. Unbehandelt führt sie langfristig zur Erblindung des betroffenen Auges, das zu wenig mit Blut versorgt wird.
Starke Kopfschmerzen
Es können bereits Tage oder Wochen vor den ersten Sehbeschwerden Kopf- oder Kauschmerzen auftreten, die häufig einseitig sind. Das Schmerzbild unterscheidet sich dabei von gewöhnlichen Kopfschmerzen, sowohl durch die Intensität als auch durch die einseitige Lokalisierung.
Sehstörungen
Bei manchen Menschen beginnt die Arteriitis temporalis durch erste Sehverschlechterungen, die plötzlich auftreten – verschwommenes Sehen, Gesichtsfeldausfälle und eine allgemeine Sehminderung sind erste Anzeichen. Eine plötzliche und starke Sehverschlechterung oder ein kompletter Sehverlust eines Auges können ebenfalls ein Symptom für die Arteriitis temporalis sein.
Schmerzen beim Kauen
Die Entzündung der Blutgefäße führt nicht nur in der Augenregion zu sehr schmerzhaften Empfindungen, sondern kann auch beim Kauen starke Schmerzen auslösen. Dies ist auf eine verminderte Blutzufuhr in der Kaumuskulatur zurückzuführen.
Pulsartige, bohrende Kopfschmerzen in der Schläfe
Zusätzlich zu den Kopfschmerzen können pulsierende, bohrende Schmerzen in der Schläfe auftreten, die auf eine Minderdurchblutung der Schläfenarterie zurückzuführen sind. In der Regel treten diese Schmerzen einseitig auf.
Ursachen der Arteriitis temporalis
Bei der Arteriitis temporalis handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der die körpereigenen Abwehrzellen fälschlicherweise die eigenen Blutgefäße angreifen und so zu Entzündungen von Arterien im Bereich der Schläfen führen. Das Resultat ist eine Durchblutungsstörung, die verschiedene Bereiche im Kopf betreffen kann. Wird das Auge nicht ausreichend mit Blut versorgt, kommt es in der Folge zu einem Sauerstoffmangel, der zunächst zu Sehstörungen und schließlich zur vollständigen Erblindung führt.
Die Arteriitis temporalis kann gemeinsam mit der Autoimmunerkrankung Polymyalgia rheumatica auftreten, die sich vor allem durch entzündliche und rheumatologische Beschwerden in Schultern- und Beckenregion äußert. Rund die Hälfte aller Menschen, die von einer Polymyalgie betroffen sind, entwickeln im Verlauf der Erkrankung auch eine Gefäßentzündung der Schläfenarterie – also eine Arteriitis temporalis. Die Gründe dafür sind bisher noch unklar, wobei davon auszugehen ist, dass beide Erkrankungen dieselbe Ursache haben und lediglich in verschiedenen Ausprägungen auftreten.
Diagnostik der Arteriitis temporalis
Zunächst wird der Augenarzt im Rahmen einer umfassenden Anamnese alle Beschwerden abfragen. Im Anschluss lässt sich über verschiedene Untersuchungsmethoden eine Arteriitis temporalis zweifelsfrei nachweisen. Dabei gilt es auch, mögliche andere Erkrankungen am Auge auszuschließen.
Betrachtung des Augenhintergrundes
Bei der Betrachtung des Augenhintergrundes (Funduskopie) können die Sehnerven untersucht werden. Der Sehnerv auf der von einer Arteriitis temporalis kann geschwollen sein. Außerdem können mit der Funduskopie andere Ursache für Sehbeschwerden differentialdiagnostisch evaluiert werden.
Blutuntersuchung
Auch im Blut lassen sich erste Anzeichen für eine Arteriitis temporalis finden, wenn beispielsweise die Entzündungszeichen erhöht sind oder eine erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit vorliegt. Daher sollte zur Diagnostik der Arteriitis temporalis auch ein Bluttest vorgenommen werden.
Ultraschalluntersuchung der Schläfenarterie
Verhärtungen, Engstellen und entzündliche Veränderungen der Schläfenarterie können im Rahmen einer Unterschalluntersuchung sichtbar gemacht werden, um die Diagnose der Riesenzellarteriitis zu sichern.
Gewebeprobe (Biopsie) der Schläfenarterie
Die Arteriitis temporalis geht mit sehr charakteristischen und histologisch nachweisbaren Veränderungen der Blutgefäße einher, die im Rahmen einer Gewebeprobe (Biopsie) aus der Schläfenarterie nachgewiesen werden können.
Behandlung der Arteriitis temporalis
Bei der Arteriitis temporalis handelt es sich um einen gesundheitlichen Notfall, der umgehend behandelt werden muss, um eine Erblindung zu vermeiden. Im ersten Behandlungsschritt wird über einen intravenösen Zugang Kortison in hoher Dosierung verabreicht, um so die Entzündungen einzudämmen. Tritt eine Besserung der Symptome ein, erfolgt ein Umstieg auf Kortisontabletten, die kontinuierlich reduziert werden. Langfristig kann, je nach Ausprägung der Erkrankung, die dauerhafte Einnahme von Aminosalicylaten ratsam sein, um wiederkehrenden Gefäßverschlüssen vorzubeugen.
Spätfolgen der Arteriitis temporalis
Bei der Arteriitis temporalis handelt es sich um eine schwere Augenerkrankung, die ohne Behandlung zur Erblindung führen kann. Es ist rasches Handeln notwendig, um das Sehvermögen zu erhalten. Dank moderner Therapieverfahren kann jedoch bei rechtzeitigem Behandlungsbeginn in der Regel die Sehkraft erhalten werden.
Fazit: Schnelles Handeln ist bei der Riesenzellarteriitis essenziell
Treten die ersten Symptome der Arteriitis temporalis auf, handelt es sich um einen absoluten Notfall, der sofort augenärztlich untersucht und behandelt werden muss. Nur so kann das Sehvermögen erhalten werden. Insbesondere für Menschen, die unter der Autoimmunerkrankung Polymyalgia rheumatica leiden, ist die regelmäßige augenärztliche Kontrolle wichtig, um frühzeitig Veränderungen festzustellen.